Mykotoxine – die Bedrohung vom Bioacker?
Mykotoxine sind Gifte, die durch Schimmelpilze entstehen (gute Übersicht bei Wikipedia). Einige Mykotoxine gehören zu den giftigsten Stoffen, die in Lebensmitteln vorkommen können. Eines dieser Mykotoine, das T-2 Toxin ist beispielsweise giftiger als viele Rattengifte und einige sind krebserregend und erbgutverändernd (Aflatoxine). Mykotoxine sollte man also möglichst versuchen zu vermeiden. In der Plus Version der APP Essen ohne Chemie kann man sehr einfach „nachschlagen“ in welchen Lebensmitteln Mykotoxine enthalten sind. Die APP enthält auch Tipps um die Bildung von Mykotoxinen zu Hause zu vermeiden.
Man hört immer wieder das Bio-Lebensmittel (Lebensmittel aus kontrolliert biologischen Anbau) stärker mit Pilzgiften belastet wären, weil die Landwirte keine Pestizide gegen pilzliche Schaderreger einsetzen. Da ich die Daten aus der deutschen Lebensmittelüberwachung (2011-2013) in meinen Datenbanken habe (siehe Datengrundlage), wollte ich dieser Frage einmal genauer nachgehen.
Zwischen 2011 und 2013 wurden etwa 34.000 Proben von Lebensmitteln, Futtermitteln und Anderem (u.a. Urin von Nutztieren) auf Mykotoxine untersucht. Unter diesen ca. 34.000 Proben befanden sich etwa 2.300 Proben aus Bioanbau. Ein Abgleich der untersuchten Probenzahlen zeigt, dass sich trotz der relativ hohen Probenzahl nur für 24 Lebensmittel eine genügend hohe Probenanzahl (>=20 Proben) für eine vergleichen Bewertung (bio versus konv.) ergibt.
Die Auswertung in der Abbildung unten zeigt, dass bei 20 konventionell produzierten Lebensmitteln der Anteil mit Mykotoxinen zum Teil deutlich höher ist als bei Lebensmitteln aus kontrolliert biologischen Anbau. Nur bei vier Lebensmitteln aus Bioanbau lagen die Anteile höher.
Um zu sehen, wie sich die Gehalte unterscheiden, wurden die Nachweisdaten für die 24 Lebensmitteln ausgewertet. In Weizenkleie, Weizen und Dinkel liegen die Mykotoxingehalten deutlich unter denen der konventionell produzierten (Median: rote Markierung). Die folgende Tabelle zeigt die Mittelwerte und die Maximalwerte der Gehalte.
Tabelle 1: Mittelwerte und die Maximalwerte der Mykotoxingehalte (µg/kg).
Lebensmittel | Bio Mittelwert Gehalt (µg/kg) | Konv. Mittelwert Gehalt (µg/kg) | Bio Max Gehalt (µg/kg) | Konv. Max Gehalt (µg/kg) |
---|---|---|---|---|
Buchweizen | 3 | 9 | 24.9 | 232.4 |
Dinkel | 16.1 | 123 | 151 | 2010 |
Dinkelmehl | 46.6 | 129.9 | 106.8 | 609 |
Dinkelvollkornmehl | 57.7 | 98 | 476 | 701 |
Feigen, getrocknet | 3.2 | 9 | 38.8 | 658.7 |
Gerste | 37.3 | 188.5 | 276.9 | 3352 |
Hafer | 20.2 | 63.1 | 137 | 982.4 |
Haselnuss, ganz | 9.9 | 2.8 | 18.3 | 91.6 |
Kaffeepulver | 0.9 | 1.1 | 3.2 | 11.6 |
Kürbiskerne | 0.4 | 0.7 | 0.7 | 6 |
Leinsamen | 0.9 | 0.8 | 1.7 | 4.1 |
Maisgrieß | 116.4 | 105.6 | 939.3 | 907.2 |
Maismehl | 136.1 | 151.3 | 809 | 4590 |
Müsli | 37.6 | 64.8 | 103 | 432 |
Nudeln, Pasta ohne Ei | 52 | 143.4 | 165 | 1200 |
Roggen | 35.8 | 113.7 | 128 | 2335.3 |
Roggenvollkornmehl | 34 | 63.8 | 169 | 366 |
Sultanine | 2.9 | 2.4 | 12.8 | 31.2 |
Traubensaft | 0.1 | 0.3 | 0.2 | 1.6 |
Traubensaft rot | 0.2 | 0.4 | 0.4 | 2.8 |
Vollkornnudeln ohne Ei | 92.7 | 155.3 | 702.3 | 716 |
Weizen | 46.1 | 144.7 | 438 | 3990 |
Weizenkleie | 126.8 | 198 | 396 | 874.5 |
Erdnuss | 0 | 14.9 | 0 | 439.5 |
Die Grafiken zeigen die Verteilung der Gehalte. Beim Weizen mussten für eine vergleichbare Skalierung etliche Nachweise >500µg/kg von der Abbildung ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für den Dinkel – die Mykotoxingehalte liegen in konventionellem Dinkel höher (z.T. über >500µg/kg).
Fusarientoxine
Fusarientoxine werden von Schimmelpilzen der Gattung Fusarium gebildet. Diese befallen überwiegend lebende Pflanzen d.h. der Befall findet auf dem Feld statt. Um zu sehen, ob es hier Unterschiede zwischen Bio-Lebensmitteln und konv. produzierten Lebensmitteln gibt, wurde die Daten für Fusarientoxine separat ausgewertet.
Die Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Die Abbildung verdeutlicht, dass die mittleren Gehalte von Fusarientoxinen bei fast allen Bio-Lebensmitteln deutlich kleiner sind als bei konv. produzierten Lebensmitteln. Ausnahmen bildet Gerste. Dass die meisten Bio-Lebensmitteln sehr viel niedrigere Fusarientoxingehalte aufweisen hat verschiedene Ursachen (u.a. Einsatz vom Pflug, weitere Fruchtfolge, geringere N-Düngung). Im konventionellen Anbau kann auch der Einsatz des hoch umstrittenen Glyphosats (z.B. Roundup) zu einer Erhöhung des Fusarienbefalls führen (Fernandez et al. 2009).
Mittelwerte Fusariengehalte (µg/kg) mit Standardfehler
Eine Recherche in der wissenschaftlichen Literatur (siehe Tabelle unten) bestätigt meine Ergebnisse. Biolebensmittel sind deutlich geringer oder gleich stark mit Mykotoxinen belastet als konventionell produzierte Lebensmittel. Die Daten der staatlichen Überwachung zeigen: selbst bei den wenigen Lebensmitteln bei denen der Anteil der belasteten Proben höher ist, sind die Mykotoxingehalte insgesamt sehr viel niedriger.
Umfang/Typ | Untersuchungjahre | Ergebnisse | Quelle |
---|---|---|---|
Review (13 Studien) | 1990-2006 | Vergleichbare Mykotoxin Werte. | Lairin D (2010): Nutritional quality and safety of organic food. A review. Agronomy for Sustainable Development 30(1):33-41 DOI: 10.1051/agro/2009019 Review article |
35 Weizen Proben | 2006 | Die Deoxynivalenol (DON) Werte waren signifikant niedriger in Bio-Proben als in konventionell produziertem Weizen. Sonst vergleichbare Mycotoxin Werte. | Rossi et al. (2006): Preliminary survey on composition and quality of conventional and organic wheat. Italian Journal of Food Science 18 (4):355-366 |
30 Proben Getreideprodukte (50% kbA) | 2002 | Keine Unterschiede. | Jestoi M, Somma MC, Kouva M, Veijalainen P, Rizzo A, Ritieni A & Peltonen K (2004): Levels of mycotoxins and sample cytotoxicity of selected organic and conventional grain-based products purchased from Finnish and Italian markets. Mol Nutr Food Res. 48(4):299-307. |
602 Getreide Proben | 2002-2004 | Niedrigere Werte bei Fusarium, HT-2 und T-2 Toxinen, Deoxynivalenol (DON) und Moniliformin (MON) bei Bio-Getreide als in konventionell produziertem. | Bernhoft A, Clasen PE, Kristoffersen AB & Torp M (2010): Less Fusarium infestation and mycotoxin contamination in organic than in conventional cereals. Food Addit Contam Part A Chem Anal Control Expo Risk Assess 27(6):842-52. doi: 10.1080/19440041003645761. |
100 Proben Hafer | 2002-2005 | Fünfmal weniger HT2 + T2 Toxine in Bio-Hafer als in konventionell produziertem Hafer. | Edwards SG (2009): Fusarium mycotoxin content of UK organic and conventional oats. Food Addit Contam Part A Chem Anal Control Expo Risk Assess. 26(7):1063-9 |
1500 Proben Weizen | 2001-2005 | Signifikant weniger HT2 + T2 Toxine in kbA Bio-Weizen. Keine signifikanten Unterschiede bei Deoxynivalenol (DON) und Zearalenone. | Edwards SG (2009): Fusarium mycotoxin content of UK organic and conventional wheat. Food Addit Contam Part A Chem Anal Control Expo Risk Assess 26(4):496-506. doi: 10.1080/02652030802530679. |
Quellen
Fernandez MR, Zentner RP, Basnyat P, Gehl D, Selles F & Huber D (2009): Glyphosate associations with cereal diseases caused by Fusarium spp. in the Canadian Prairies. European Journal of Agronomy 31:133–143.